Von Trachten und Tunnels
- diekultussen
- 8. Juli 2024
- 2 Min. Lesezeit

Guck mal, wer da predigt: Es ist der Autor und Künstler Jürg Halter, dem wir an der Ausstellung "Backstage Engelberg" als erstes begegnen. Natürlich in einem Video. Gewohnt ironisch und philosophisch erklärt Halter uns, woraus sich unser Ego speist. Ein Spiegel ist vorhanden, so dass man auch sich selbst anschauen kann, während Halter sinniert und dichtet. Kuratorin Dorothea Strauss hat einen Rundgang durch das Dorf Engelberg im Kanton Obwalden konzipiert, der sich wie eine Schnitzeljagd anfühlt. Die Kunst findet in Hotels, einem Schuhmacher-Häuschen oder in einem feuchten Keller statt.

Das Hotel Terrace erinnert uns mit seinen ollen Teppichen und langen, leeren Gänge an "The Shining". Der Künstler Daniele Buetti hat fallende Hunde auf der Tapete angebracht. Die Kois, die unten im Video schwimmen, entstammen einer Videoarbeit von Annelies Strba. Und wer durch den mysteriösen Tunnel im Siebzigerjahre-Stil des Hotels geht, hört eine Stimme im Churer Dialekt die Schritte zählen. Es ist die Künstlerin Zilla Leutenegger, die uns mit der Tonistallation "85 Schritte" durch den Gang führt. Einen weiteren Spuk der Künstlerin erlebt man im Bilett-Häuschen der historischen Standseilbahn. Wie durch Geisterhand werden Striche auf die Scheibe geschrieben - so wie Jasser:innen ihre Punkte auf Schiefertafeln schreiben. Und auch hier: Zilla zählt. Man könnte stundenlang zuhören.

In eine regelrechte Zeitkapsel führt uns Olaf Nicolai. Seine Videoarbeit, die das Universum und dessen Farben wiedergibt, wurde in einem einstigen Schuhmacherhäuschen platziert. Der einstige Besitzer hat von den Erben verlangt alles so zu belassen, wie es schon immer war. Schuhe werden hier keine mehr gemacht und trotzdem hat man das Gefühl, der Schuhmacher kommt gleich um die Ecke. Oder ein Ausserirdischer meldet sich über den Bildschirm.

Im Tal Museum, mitten im Dorf lebt die Folklore.

Zwischen Trachten und Kachelöfen...

hat Uwe Wittwer seine Malerei "reingeschmuggelt" - seine Trachtenträgerinnen stammen aus aller Welt, Folklore ist schliesslich etwas Unvierselles.

Auch die in einem Tondo präsentierte Videoarbeit von Judith Albert muss man suchen und finden. Sie versteckt sich in der Schlafkammer des Hauses.

Während eine weitere Arbeit von Albert geisterhaft auf der Wand erscheint und wieder verschwindet.

Ein Christo? Nein, nur eine Frau und ein paar Gartenmöbel, die sich für das wechselhafte Wetter wappnen.

Die Kultusse war weniger gewappnet und musste sich wohl oder übel in einem Souvenirshop einen Schirm kaufen. Wir haben das Modell "Scherenschnitt" gewählt und sind somit stilistisch bereit für den nächsten Dorfausflug.
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